von Carsten Schönebeck, Nordkurier am 17.04.2018
NK_PasewalkerZeitung_17.04.2018 Seite 19
Seit mehr als 50 Jahren erscheint das Magazin „Pommern“. Doch die ehrenamtliche Arbeit hing nun am seidenen Finanz-Faden. Zu gering ist das Interesse an der Aufbereitung regionaler Geschichte. Die Insolvenz
des Herausgebers bedrohte die Arbeit von Historikern und Heimatforschern. Zumindest kurzfristig hilft das Land aus. Und dann?
VORPOMMERN. Es sind Termine, wie sie Politiker lieben. Zumindest der finanzielle Einsatz ist überschaubar. Und trotzdem sitzen am Ende Vertreter verschiedener Gruppen und Verbände um einen Konferenztisch und loben den Staatssekretär. Die „vertrauliche Zusammenarbeit“, das „schnelle Engagement“, die „unkomplizierte Hilfe“. Hat Patrick Dahlemann (SPD) diesmal also doch Pommern gerettet? Na ja, nein. Das Geld aus der Staatskasse hilft „Pommern“ – einer Zeitschrift für Kultur und
Geschichte –, erst mal weiter zu machen. Ob das Projekt damit auch gerettet ist, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.
Vier Hefte bezahlt, nur zwei bekommen
Immerhin etwas. Denn die Geschichte der Zeitschrift schien 2017 nach mehr als 50 Jahren schon besiegelt. Ende Oktober eröffnete das Amtsgericht Lübeck ein Insolvenzverfahren über den Pommerschen Zentralverband, der seit einigen Jahren als Herausgeber für die Zeitschrift fungierte. Der Verband koordinierte die Arbeit der ehrenamtlichen Personen und Vereine, die für Beiträge sorgten. Und er kümmerte sich um all das, was ehrenamtlich eben nur bedingt oder gar nicht funktioniert: Buchhaltung, Satz, Druck, Abo-Verwaltung.
Die Insolvenz des Verbandes habe allerdings weniger mit dem Magazin, sondern mit anderen Projekten zu tun gehabt, betont Professor Hans-Dieter Wallschläger vom Verein „Pommerscher Greif“. Doch wirtschaftlich
rentabel war „Pommern“ nicht. Wie also weiter? Zwar gab es eine ganze Reihe von Vereinen, die sich seit Jahren an der Herausgabe beteiligten, doch für jeden einzelnen schien das Projekt zunächst zu groß. Daneben gab es
rechtliche Fragen zu klären – Titel und Abonnentendatei lagen schließlich beim insolventen Zentralverband. Und die bisherigen Käufer dürften
im Herbst und Winter durchaus schlecht gelaunt gewesen sein. Für vier Hefte hatten sie bezahlt, nur zwei waren erschienen, bevor der Herausgeber zahlungsunfähig wurde.
Kein Wunder, bei all den Problemen, dass die Regionalforscher nun jubeln. Den am Ende wochenlanger Verhandlungen steht nun die Lösung. Das Magazin bekommt eine neue Chance. „Wir haben den Titel und die Abonnentendatei erworben“, erläutert Wallschläger. Rund 500 Euro
habe der Pommersche Greif dafür hinblättern müssen. Mit Unterstützung von vier weiteren Vereinen will man die Produktion nun übernehmen. Vorerst. Dann wünscht man sich, dass das Pommersche Landesmuseum die Aufgabe übernimmt. Doch die Rettung hätte das Museum überfordert. Egal an wen, man wolle „etwas Funktionierendes übergeben“, erklärt Wallschläger.
Magazin schafft Bezug zur alten Heimat
Nun läuft die Nachproduktion der beiden offenen Ausgaben
aus dem vergangenen Jahr. Die seien inhaltlich eigentlich schon fertig gewesen Satz, Druck und Auslieferung aber waren noch offen. Und da kam Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) ins Spiel. Rund
8900 Euro fließen nun aus dem Vorpommern-Fonds. Das erste der beiden Hefte ist bereits ausgeliefert. „Weil Satz und Druck von Firmen in der Region gemacht werden, handelt es sich auch um ein echt vorpommersches Produkt“, scherzt Wallschläger.
Bei den Abonnenten allerdings sieht das ganz anders aus. Die Mehrzahl derer, die Jahr für Jahr die Ausgaben beziehen, lebt gar nicht in der Region. Exil-Pommern, meist Vertriebene, und deren Nachkommen, die einen Bezug zur alten Heimat wahren wollen. Im Vorpommern selbst ist das Interesse an der örtlichen Geschichte überschaubar. Und da zeichnet sich gleich das nächste Problem ab. Die Einnahmen aus den Verkäufen reichen nicht, um die Kosten zu decken. Durch Insolvenz und Umschreibung verlieren die Lastschrift-Mandate ihre Gültigkeit und das Alter vieler Abonnenten lässt für die kommenden Jahre nichts Gutes ahnen. Man brauche Unterstützung von außen, heißt es einmütig von den Vereinen, die sich nun um „Pommern“ kümmern wollen. Eine größere private
Spende sichert derzeit noch die Produktion, Ziel müsse es aber sein, die Zahl der Abonnenten von rund 570 auf 700 zu steigern.
Marketing, das war bislang nicht die Stärke der Historiker. Trotzdem ist man zuversichtlich. „Ich habe unlösbarere Aufgaben auf meinem Tisch liegen“, scherzt Staatssekretär Dahlemann. Gemeinsam will man nun Geschichtslehrer, Bibliotheken und Buchhandlungen anschreiben,
um auf das Angebot aufmerksam zu machen.
Veranstaltungen zu einzelnen historischen Themen sollen helfen, das Ergebnis der ehrenamtlichen Arbeit sichtbarer zu machen. Im Sommer soll die erste Ausgabe für 2018 erscheinen – man sei hoffnungsvoll, die Verspätung zügig aufzuholen. Wie es dann weitergeht? Für die
Geschichte von „Pommern“ fehlt noch das Happy End.
Von Carsten Schönebeck
Kontakt zum Autor
c.schoenebeck@nordkurier.de